Veranstaltung: | Kreismitgliederversammlung, 25.02.2025 |
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Tagesordnungspunkt: | 2 Beschluss des Wahlprogramms zur Kreistagswahl 2025 |
Antragsteller*in: | Kreisvorstand (KV Recklinghausen) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 06.02.2025, 11:04 |
WP2: Wohlstand sichern, Klima schützen
Text
Wohlstand sichern, Klima schützen
Seit dem Beginn der Wetteraufzeichnungen, ist die Durchschnittstemperatur im
Kreis Recklinghausen um 1,7°C gestiegen – ein klarer Hinweis auf den
fortschreitenden Klimawandel. Diese Erwärmung liegt über dem bundesweiten und
nordrhein-westfälischen Durchschnitt, was zeigt, dass die Auswirkungen der
Klimaerwärmung auch bei uns deutlich spürbar sind. Was vor einigen Jahren noch
als mögliche Entwicklung galt, ist inzwischen eine unumstrittene Realität: Die
Veränderung ist konstant, und sie ist menschengemacht.
Um die Zukunft der Menschen im Kreis Recklinghausen zu sichern und unseren
Wohlstand zu bewahren, streben wir bis 2035 einen klimaneutralen Kreis an. Nur
so können wir den Klimawandel bremsen und die Lebensqualität für alle schützen.
I. Erneuerbare Energie, sichere Energie
40 % der Windpotenziale des Ruhrgebiets liegen im Kreis Recklinghausen – eine
einzigartige Chance, die wir ergreifen müssen. Der Angriffskrieg Russlands auf
die Ukraine hat uns allen deutlich gemacht, wie gefährlich unsere Abhängigkeit
von ausländischer Energie ist, insbesondere von Staaten, die nicht unsere
demokratischen Werte teilen und denen wir nicht immer vertrauen können. Für uns
GRÜNE ist der Ausbau erneuerbarer Energien nicht nur ein entscheidender Schritt
zum Klimaschutz, sondern auch eine Möglichkeit, unseren Wohlstand und unsere
Unabhängigkeit zu sichern.
Neben der Windkraft können wir auch auf die Geothermie und Photovoltaik setzen,
um regionale, saubere Energie zu erzeugen. Unsere Region bietet durch zahlreiche
geeignete Standorte für Windkraftanlagen und ungenutzte Dachflächen großes
Potenzial, um einen erheblichen Teil der benötigten Energie selbst zu erzeugen –
nachhaltig und regional.
Der Ausbau erneuerbarer Energien bietet nicht nur eine sichere, klimafreundliche
Energiezukunft, sondern schafft auch Arbeitsplätze in Montage und Wartung,
stärkt die lokale Wirtschaft und führt zu höheren Gewerbesteuereinnahmen. Wir
begrüßen ausdrücklich die Gründung von Bürgerenergiegenossenschaften und setzen
uns dafür ein, dass die Verwaltung als „Ermöglichungsorganisation“ für den
Ausbau erneuerbarer Energien tätig wird.
Das wollen wir angehen:
- Windkraft Ausbau mit Bürgerbeteiligung
- Initative Solar für alle
- Weniger Bürokratie für klimafreundliche Projekte
Gemeinsam viel bewegen
Die Klimakrise ist eine Gefahr, die wir nur lösen, indem wir als Gesellschaft
zusammenhalten. Wir wollen den Kreis daher zu einem Zentrum für Nachhaltigkeit
machen. Unser Ziel ist es, alle Akteure unserer Gesellschaft dazu in die Lage zu
versetzen, effektiven Klimaschutz zu betreiben. Wir werden Anreize für lokale
Unternehmen schaffen, Klimaschutzmaßnahmen umzusetzen und ihren CO₂-Fußabdruck
zu verringern. Wir werden Partnerschaften mit zivilgesellschaftlichen
Organisationen eingehen, um Klimaschutzprojekte zu unterstützen. Dabei werden
wir es allen Bürger*innen erleichtern, ihren Alltag nachhaltig zu gestalten.
Das wollen wir angehen:
- Einen kreisweiten Klimafond einführen.
- Allianzen mit der Zivilgesellschaft bilden.
- Unternehmen bei der klimatischen Transformation unterstützen. Wir wollen
eine Rollenumkehr. Viele Unternehmen sehen die Verwaltung als Hindernis
für Innovation und Fortschritt. Das muss sich ändern.
Mutig vorgehen, Beispiele schaffen
Unser Ziel ist es, dass der Kreis Recklinghausen eine Vorreiterrolle beim
Klimaschutz einnimmt. Besonders die Kreisliegenschaften schaffen hier
Möglichkeiten für Gestaltung. Jedes Gebäude im Besitz des Kreises soll mit
Photovoltaik ausgestattet werden und den höchsten energetischen Standard haben.
Das wollen wir angehen:
- Vorbild sein für Bürger*innen und die Wirtschaft
- Langfristige Investitionen, die sich lohnen
- Unseren Beitrag zum Klimaschutz leisten
II. Werte schützen, an Klimafolgen anpassen
Die Auswirkungen des Klimawandels sind auch im Kreis Recklinghausen spürbar. Die
Sommer werden immer heißer, die Winter milder und kommen später, und das Wetter
spielt immer öfter verrückt – Hagel im Juni und immer stärkere Regenfälle im
Winter. Der Klimawandel ist längst bei uns angekommen. Neben einem konsequenten
Klimaschutz brauchen wir jetzt eine mutige Klimaanpassungsinitiative.
Klimaanpassung ist Bevölkerungsschutz.
Ziel grüner Politik ist es, Probleme zu verhindern, bevor sie entstehen. Es
bringt nichts, den Keller immer wieder leer zu pumpen – wir müssen dafür sorgen,
dass er nicht mehr vollläuft. Deshalb setzen wir uns für eine flächendeckende
Erstellung von Starkregengefahrenkarten ein und starten eine Initiative, um den
Kreis Recklinghausen in eine Schwammstadtregion zu verwandeln. Eine Region, die
überschüssiges Wasser – etwa durch Starkregen – speichert und es in Dürrezeiten
wie ein Schwamm wieder abgibt. Dabei treiben wir Initiativen zur Blauen und
Grünen Infrastruktur voran. Besonders das Pflanzen von Stadtbäumen und das
Schaffen von Wasserspeichern sind kostengünstige und effektive Maßnahmen, um die
Auswirkungen des Klimawandels zu mildern.
Um besonders vulnerable Gruppen wie Senioren, Kinder und vorerkrankte Menschen
vor extremer Hitze zu schützen, braucht es einen mutigen und umfassenden
Hitzeaktionsplan. Der Kreis ist auf einem guten Weg, doch hier müssen die
verschiedenen Teile der Verwaltung besser zusammenarbeiten. So sollten
beispielsweise die Busse der Vestischen im Hitzefall als mobile Kühlräume
eingesetzt werden. Neben der Hitzeaktionsplanung setzen wir uns dafür ein, dass
der Kreis seine eigenen Liegenschaften klimaresilient gestaltet.
Das wollen wir angehen:
- Erstellung flächendeckender Starkregengefahrenkarten
- Transformation des Kreises in eine Schwammstadtregion
- Umsetzung eines ambitionierten Hitzeaktionsplans
- Gestaltung klimaangepasster Liegenschaften des Kreises
Mutig sein, für die Zukunft planen
Durch die Reduzierung bürokratischer Vorgaben für Testvorhaben wird die
Möglichkeit geschaffen, neuartige Technologien schneller und einfacher zu
erproben. Angesichts der Dringlichkeit der Klimakrise ist die Entwicklung
solcher Technologien wichtiger denn je. Sie schützt die Bürger*innen und schafft
gleichzeitig neue Arbeitsplätze. So können zum Beispiel Kreisstraßen als
Versuchslabor für klimaangepasste Straßenbeläge dienen.
Auch die Landwirtschaft leidet unter den Auswirkungen der Klimakrise. Wir werden
einen Runden Tisch Landwirtschaft und Klimaanpassung einberufen, um zusammen mit
Bäuer*innen, Wege zu finden, unsere Landwirtschaft vor Dürre und Starkregen zu
schützen. Der Kreis sollte die Pacht von landwirtschaftlichen Betrieben senken,
die neue, klimaangepasste Technologien und Pflanzen einsetzen.
Der Kreis stellt mit der Gemeinsamen Kommunalen Datenzentrale (GKD) ein
hervorragendes Instrument zur Unterstützung der Städte bereit. Die GKD bietet
zudem eine wertvolle Chance für die Klimaanpassung. Sie ermöglicht es dem Kreis,
Bürgerinformationen zentral bereitzustellen und so den Städten Zeit und Aufwand
zu ersparen.
Klimaanpassung muss sozial gerecht sein. Gerade städtische Quartiere, die von
Armut betroffen sind, sind besonders durch die Folgen der Klimakrise gefährdet.
Besonders dichte Bebauung und wenig Grün verstärken Hitzeinseleffekte und machen
diese Gebiete anfällig für Starkregenereignisse.
Das wollen wir angehen:
- Einführung von Real-Laboren für Klimaanpassung
- Runder Tisch für klimaangepasste Landwirtschaft – Zusammen mit Bäuer*innen
konkrete Maßnahmen erarbeiten, um die Landwirtschaft vor Dürre und
Starkregen zu schützen.
- Förderung klimaangepasster Landwirtschaft – Senkung der Pacht für
Betriebe, die innovative, klimaresiliente Technologien und Pflanzen
einsetzen.
- Gemeinsame digitale Klimaanpassungsinitiative – Nutzung der Gemeinsamen
Kommunalen Datenzentrale, um Bürgerinformationen zentral bereitzustellen
und die Städte zu entlasten.
- Klimaanpassung sozial gerecht gestalten – Besondere Berücksichtigung von
städtischen Quartieren, die von Armut betroffen sind, und deren
spezifische Bedürfnisse im Kontext von Klimafolgen wie Hitzewellen und
Starkregen.
III. Verantwortung übernehmen, Natur schützen
Kern grüner DNA ist das Wissen darum, dass wir die Welt von unseren Kindern nur
geborgt haben. Daher haben wir immer und werden immer für einen besseren Morgen
und eine Welt eintreten, in der Menschen im Einklang mit ihrer Umwelt leben. Wir
treten deshalb für die Stärkung des Kreises in seiner Funktion als untere
Naturschutzbehörde und untere Wasserbehörde ein und fordern, dass bei
Beschaffungen Nachhaltigkeitskriterien berücksichtigt werden. Die Bewahrung der
natürlichen Lebensgrundlagen für Mensch und Natur ist ein Wert an sich.
Naturschutz und Klimaschutz Hand in Hand: Renaturierung und der Erhalt
wertvoller Landschaften
Wir setzen uns für eine effektive Renaturierung des WASAG-Moors im Norden des
Kreises ein. Das Moor ist nicht nur ein wertvolles Ökosystem, das einen
wichtigen Beitrag zur Biodiversität im Kreisgebiet leistet, sondern trägt auch
aktiv zum Klimaschutz bei, da Moore eine enorme Speicherkapazität für das
klimaschädliche CO₂ besitzen. Durch die Wiedervernässung schließen wir uns der
Bundesinitiative „1000 Moore“ an und leisten einen Beitrag zum deutschen
Klimaschutz.
Die Dylenburg im Norden von Oer-Erkenschwick ist ein land- und
forstwirtschaftlich genutztes Gebiet, das sich nicht nur durch Lebensräume für
seltene Tierarten auszeichnet, sondern auch einen hohen Erholungswert bietet,
der von den Bürger*innen stark genutzt wird. Wir lehnen die Pläne ab, auf diesem
Gebiet Schwerindustrie anzusiedeln.
Das wollen wir angehen:
- Förderung der Renaturierung des WASAG-Moors – Wiedervernässung
vorantreiben und den Beitrag zum Klimaschutz durch CO₂-Speicherung der
Moore stärken.
- Schutz und Pflege der Dylenburg – Keine Industrieansiedlung in einem
Gebiet, das sowohl ökologischen als auch hohen Erholungswert für die
Bürger*innen hat.
Bildung für nachhaltige Entwicklung
Wissen ist die Grundlage jeder nachhaltigen Entwicklung. Daher setzen wir uns
aktiv für das Programm “Bildung für nachhaltige Entwicklung” ein. Ziel grüner
Politik wird es sein, den Kreis Recklinghausen zu einem Vorreiter im
nachhaltigen Bildungssektor zu entwickeln. Mit unseren vielen Flora-Fauna-
Habitat-Gebieten auf dem Kreisgebiet und dem großen Glück, dass der
Hauptstandort der Nordrhein-Westfälischen Natur- und Umweltschutz-Akademie (NUA)
in Recklinghausen liegt, haben wir die idealen Voraussetzung im Kreis einen
Bildungsstandort von Morgen zu entwickeln. Als ersten Schritt werden wir die
Partnerschaften zwischen den Berufsschulen des Kreises, der unteren
Naturschutzbehörde und der NUA auf- und ausbauen.
Das wollen wir angehen:
- Den Kreis zu einem Vorreiter im nachhaltigen Bildungswesen entwickeln.
- Kooperationen zwischen den Berufsschulen, der unteren Naturschutzbehörde
und der NUA stärken
IV. Menschlich sein, Tierrechte schützen
Unser Einsatz für Tiere ist ein zentraler Bestandteil unserer politischen
Arbeit. Tiere sind fühlende Lebewesen, die Respekt, Schutz und ein Leben frei
von Leid verdienen. In unserem Kreis setzen wir uns konsequent für den Ausbau
und die Stärkung von Tierrechten ein, um dem Anspruch einer tiergerechten und
nachhaltigen Gesellschaft gerecht zu werden.
Artgerechte Tierhaltung fördern
Die Bedingungen in der Tierhaltung müssen grundlegend verbessert werden.
Gemeinsam mit den Landwirt*innen im Kreis wollen wir Wege finden, die eine
artgerechte Haltung fördern und unterstützen.
Das wollen wir angehen:
- Weidehaltung und anderen tiergerechten Haltungsformen ausbauen.
- Die Reduktion von Tierbeständen, um jedem Tier ein Leben in Würde und mit
ausreichendem Platz zu ermöglichen.
- Eine bessere finanzielle Unterstützung für Landwirt*innen, die auf
artgerechte Haltung umstellen.
Massentierhaltung beenden
Die industrielle Massentierhaltung ist weder mit dem Tierwohl noch mit unseren
Klimazielen vereinbar. Wir setzen uns dafür ein, die Massentierhaltung in
unserem Kreis schrittweise zu beenden und durch nachhaltige, tierfreundliche
Alternativen zu ersetzen.
Das wollen wir angehen:
- Den Bau neuer Großställe verhindern und bestehende Anlagen umgestalten.
- Regionale Initiativen und Betriebe unterstützen, die auf nachhaltige
Landwirtschaft setzen.
- Verbraucher*innen besser über die Herkunft und Produktionsweise von
Lebensmitteln informieren.
Tierquälerei konsequent ahnden
Jede Form von Tierquälerei muss entschieden verfolgt und geahndet werden.
Das wollen wir angehen:
- Die Stärkung der lokalen Veterinärämter durch mehr Personal und bessere
Ausstattung.
- Regelmäßige, unangekündigte Kontrollen in allen Bereichen der Tierhaltung.
- Eine engere Zusammenarbeit zwischen Behörden und Tierschutzorganisationen,
um Missstände frühzeitig aufzudecken.
Haustiere und Stadttiere besser schützen
Auch Haustiere und Tiere, die in städtischen Gebieten leben, verdienen unseren
Schutz. Gerade freilebende Katzen, Stadttauben und andere wildlebende Tiere in
urbanen Gebieten benötigen gezielte Maßnahmen, um ihr Wohlergehen zu sichern und
ein friedliches Miteinander mit der städtischen Bevölkerung zu ermöglichen. Wir
setzen uns daher dafür ein, dass auch in städtischen Räumen Lebensbedingungen
geschaffen werden, die Tieren Schutz, Nahrung und Sicherheit bieten und die
Verantwortung der Menschen für ihre Mitgeschöpfe deutlich machen.
Das haben wir erreicht:
- Die Einführung der kreisweiten Katzenschutzverordnung
Diese Verordnung hat das Ziel, die unkontrollierte Vermehrung von Katzen
einzudämmen und ihre Gesundheit nachhaltig zu verbessern. Sie beinhaltet eine
Kastrationspflicht für freilaufende Katzen, eine Kennzeichnungs- und
Registrierungspflicht, um entlaufene Tiere schneller zurückführen zu können, und
den Schutz freilebender Katzen, indem die Konkurrenz um Futter und Lebensraum
reduziert wird. Mit diesen Maßnahmen wird nicht nur das Tierleid verringert,
sondern auch die Arbeit der Tierheime deutlich entlastet.
Für uns GRÜNE ist klar: Tierschutz endet nicht mit der Einführung einer
Verordnung. Wir setzen uns weiterhin dafür ein, dass diese Maßnahmen evaluiert
und bei Bedarf angepasst werden. Ein regelmäßiger Austausch mit
Tierschutzvereinen, Tierheimen und Fachleuten ist dabei für uns von zentraler
Bedeutung.
Das wollen wir angehen:
- Mehr Unterstützung für Tierheime und Auffangstationen: Diese leisten eine
unschätzbare Arbeit, stehen aber häufig vor finanziellen und personellen
Herausforderungen. Wir fordern eine Aufstockung der kommunalen Zuschüsse,
damit diese wichtigen Einrichtungen langfristig gesichert sind.
- Förderung von Bildungsarbeit: Aufklärung über artgerechte Tierhaltung und
die Verantwortung von Haustierbesitzerinnen und -besitzern ist ein
zentraler Baustein, um Tierleid zu verhindern.